08. August 2025

Wie Pflanzen Mikroorganismen an ihrer Wurzel steuern Wie Pflanzen Mikroorganismen an ihrer Wurzel steuern

Pflanzen nutzen Sonnenlicht, um aus Wasser und Kohlendixoid energiereiche Kohlenstoffverbindungen wie Glukose herzustellen. Von dem über die Photosynthese gewonnenen Kohlenstoff geben die Gewächse einen beträchtlichen Teil in Form organischer Substanzen in den Boden ab, wovon Bakterien profitieren. Wie das genau funktioniert, haben Forschende um Prof. Dr. Claudia Knief, Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Sustainable Futures“ an der Universität Bonn (INRES) und vom Forschungszentrum Jülich untersucht. Ihre Ergebnisse stellen sie nun im Journal „Nature Communications“ vor.

Wurzelstruktur einer drei Wochen alten, im Boden gewachsenen Maispflanze
Wurzelstruktur einer drei Wochen alten, im Boden gewachsenen Maispflanze - Die Wurzelstruktur im Topf wurde visualisiert über Magnetresonanztomographie (MRT, Darstellung in grau). Um den Fluss von Photosyntheseprodukten in das Wurzelsystem zu verfolgen, wurde radioaktiv markiertes Kohlendioxid (11CO2) appliziert und im zeitlichen Verlauf visualisiert mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET, Darstellung in Farbe). Die Verteilung dieser Photosyntheseprodukte beeinflusst die Etablierung des Mikrobioms in der Rhizosphäre. © Ralf Metzner/ Forschungszentrum Jülich
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UM WAS GEHT ES?

Mikroorganismen im Boden sind stark eingeschränkt in ihrem Wachstum, weil es dort nur eine begrenzte Menge an energiereichen Kohlenstoffverbindungen gibt. An Pflanzenwurzeln kommen deutlich mehr von diesen organischen Substraten vor, die die Pflanze dort ausscheidet. Dadurch bildet sich im Boden um die Wurzel herum das sogenannte Rhizosphärenmikrobiom aus – bestehend aus Mikroorganismen, die die ausgeschiedenen Verbindungen nutzen.

STEUERN PFLANZEN DIE MIKROORGANISMENZUSAMMENSETZUNG AN DER WURZEL?
Ja, bis zu einem gewissen Grad. Ein großer Teil der Ausscheidungen soll der Pflanzenwurzel dabei helfen, in den Boden einzudringen und Nährstoffe aufzunehmen. Darüber hinaus dienen diese Ausscheidungen einigen bodenlebenden Mikroorganismen als Nährmedium. Unsere Daten zeigen, dass die Pflanze insbesondere an der Wurzelspitze sehr viel organischen Kohlenstoff abgibt, wobei sie anscheinend noch nicht allzu viel Kontrolle über die Mikroorganismenzusammensetzung hat. Wir wissen jedoch auch, dass bestimmte Gruppen von Mikroorganismen durch bestimmte Wurzelausscheidungen besonders gefördert werden.

WAS IST DAS WICHTIGSTE ERGEBNIS?
Unsere Daten an Maispflanzen deuten darauf hin, dass eine Selektion entlang der Wurzel stattfindet. Das wichtigste Ergebnis dieser Arbeit ist, dass wir zeigen konnten, dass unterschiedliche Gattungen von Mikroorganismen an unterschiedlichen Stellen im Wurzelsystem besonders stark vom abgegebenen organischen Kohlenstoff profitieren. Bestimmte Gruppen wachsen besonders im Bereich der Wurzelspitze - vor allem diejenigen, die von den Ausscheidungen profitieren. Andere Gruppen nutzen den Bereich hinter der Spitze aus. Auch haben wir Unterschiede zwischen verschiedenen Wurzeltypen gesehen. Wir haben sogar Hinweise bekommen, welche Gruppen von Mikroorganismen den Kohlenstoff von anderen Mikroorganismen übernehmen, indem sie diese als ihre Nahrungsquelle nutzen.

WARUM SIND DIESE ERGEBNISSE WICHTIG?
Bislang hat man oft die gesamte Wurzel einer Pflanze analysiert. Mit unserer Arbeit zeigen wir, dass es räumliche Unterschiede innerhalb des Wurzelsystems gibt. Es bestehen Unterschiede zwischen verschiedenen Wurzeltypen, und es kommt zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms entlang der Wurzel.

WAS WAR DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG?
Die verschiedenen Methoden zur Verfolgung des Kohlenstoffs vom CO2 in das Wurzelsystem der Pflanze, in die Rhizosphäre und dort bis in die Mikroorganismen über radioaktives 11C und stabiles 13C erfolgreich miteinander zu kombinieren.

GIBT ES EINEN ANWENDUNGSBEZUG?
Noch nicht unmittelbar, aber perspektivisch. Wir wissen, dass verschiedene Mikroorganismen positive Wirkungen auf die Pflanze ausüben, sei es durch Unterstützung bei der Nährstoffversorgung, bei der Abwehr von Krankheitserregern oder aber bei der Reaktion auf abiotischen Stress wie Trockenheit. Das ist der Grund, weshalb Pflanzen eine gewisse Kontrolle ausüben hinsichtlich der Rekrutierung von Mikroorganismen in der Rhizosphäre. Wenn wir diese Mikroorganismen als sogenannte Biologicals im Pflanzenschutz oder als Biostimulanz zur Wachstumsförderung applizieren wollen, ist die Wirkung nicht immer in gleicher Weise gegeben. Wir haben noch kein ausreichendes Verständnis, was die Ursachen dafür sind.

WIE GEHT ES WEITER?
Wir haben uns in dieser ersten Studie primär auf räumliche Unterschiede im Wurzelsystem fokussiert. Wir möchten die zeitlichen Abläufe, die zur Etablierung des Mikrobioms entlang der Wurzel führen, noch besser verstehen. Es ist nicht nur die Menge der Wurzelausscheidungen entscheidend, wie sich das Rhizosphärenmikrobiom ausbildet, sondern auch die Zusammensetzung. Unser Wissen ist noch sehr lückenhaft zu verstehen, welche Organismengruppen wo von welchen organischen Kohlenstoffverbindungen gefördert werden. Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler weltweit und ist herausfordernd.

WER WAR AN DEM PROJEKT BETEILIGT?
Neben dem Institute for Crop Science and Resource Conservation (INRES) der Universität Bonn waren die Universität zu Köln, die University of Melbourne und das Forschungszentrum Jülich beteiligt. Das Forschungsprojekt ist Teil des Schwerpunktprogramms 2089 (https://www.ufz.de/spp-rhizosphere/)

WIE LAUTET DIE QUELLE?
Sina R. Schultes, Lioba Rüger, Daniela Niedeggen, Jule Freudenthal, Katharina Frindte, Maximilian F. Becker, Ralf Metzner, Daniel Pflugfelder, Antonia Chlubek, Carsten Hinz, Dagmar van Dusschoten, Sara L. Bauke, Michael Bonkowski, Michelle Watt, Robert Koller & Claudia Knief: Photosynthate distribution determines spatial patterns in the rhizosphere microbiota of the maize root system, Nature Communications, https://doi.org/10.1038/s41467-025-62550-y

WO KANN ICH MEHR ERFAHREN?
Prof. Dr. Claudia Knief, INRES - Molekularbiologie der Rhizosphäre, Universität Bonn, Transdisziplinärer Forschungsbereich "Sustainable Futures", Tel. +49 228 732555, E-Mail: knief@uni-bonn.de, Video (mit der Publikation veröffentlicht): 
https://static-content.springer.com/esm/art%3A10.1038%2Fs41467-025-62550-y/MediaObjects/41467_2025_62550_MOESM4_ESM.mp4

Zur Pressemitteilung der Universität Bonn: https://www.uni-bonn.de/de/neues/145-2025

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